Schulsportpraxis und Fortbildung

Etwas wagen und verantworten (C)

Wer etwas wagt, sucht aus eigener Entscheidung eine herausfordernde Situation mit unsicherem Ausgang auf und bemüht sich, diese im Wesentlichen mit den eigenen Fähigkeiten zu bewältigen. Insofern ist das Wagnis eine Situation der persönlichen Bewährung. Gerade junge Menschen suchen daher das Wagnis und gehen es ein, um ihr Können und ihre Grenzen zu erfahren. Jedes Wagnis enthält Proben für die Selbsteinschätzung und Anreize, das individuelle Können weiterzuentwickeln. Viele Kinder und Jugendliche brauchen gerade in solchen Situationen eine Rückmeldung, manchmal eine Warnung, vor allem Ermutigung und Stärkung.

Beim Sporttreiben ergeben sich immer wieder Herausforderungen, ein überschaubares Risiko einzugehen, spannungsreiche Momente zu erleben oder eine abenteuerliche Unternehmung zu bestehen. Besonders dann, wenn der feste Stand auf dem Boden, die gewohnte Position im Raum aufgegeben wird, wenn sich erhöhte Anforderungen an das Gleichgewicht und die Steuerungsfähigkeit stellen, liegt es nahe, die Situation als Wagnis zu empfinden und meistern zu lernen. Demnach ist das Wagen typisch für viele Bereiche des Sports, z. B. beim Schwimmen und Tauchen, Springen und Turnen, Klettern und Balancieren, Gleiten, Fahren und Rollen. Hier kann man sich bewähren oder z.T. schmerzhaft scheitern; die Ambivalenz des Sports gilt es daher unter dieser Perspektive ausdrücklich zu thematisieren. Geeignete Wagnisse sollten gezielt aufgesucht, mit erworbenen Fähigkeiten bewältigt und gemeinsam reflektiert werden.

Von den individuellen Fähigkeiten und Erfahrungen hängt ab, wo die Routine endet und das Wagnis beginnt. Ein Wagnis verbindet sich auch mit Herausforderungen, der Unsicherheit und Angst zu begegnen. Im Sport lässt sich unter dieser Perspektive lernen, einerseits Angst zu überwinden, andererseits aber auch zu seiner Angst zu stehen: Das Wagnis ist eine Grenzsituation, in der die Schwierigkeit der Aufgabe und das eigene Können realistisch abzuwägen und die Folgen für sich und andere verantwortlich zu kalkulieren sind. Der Schulsport bietet hierfür exemplarische Situationen, in denen dies unter erfahrener Anleitung erprobt werden kann. Damit stellt sich auch ein Bezug zur Sicherheitsförderung her: Diese kann nicht darin bestehen, alle möglichen Gefahrenmomente auszuschalten; vielmehr sollten Schülerinnen und Schüler lernen, situative Risiken zu erkennen, einzuschätzen und angemessen zu handeln. In vielen Situationen darf auch nur wagen, wer sich auf andere verlassen kann, die kooperieren, helfen und sichern; diese müssen wissen, was sie einander zutrauen können. Der Schulsport bietet die einzigartige Chance, gegenseitiges Vertrauen in den Wagnissituationen zwischen allen Beteiligten aufzubauen und Verantwortung für andere zu übernehmen.

Die Schülerinnen und Schüler entwickeln ihre wagnisbezogene Handlungskompetenz und lernen insbesondere, herausfordernde sportliche Situationen mithilfe der eigenen Fähigkeiten angemessen zu bewältigen und verschiedene Wagnisse für die Selbstbewährung, auch in Kooperation mit anderen, verantwortungsbewusst zu nutzen.